Ausführliche Fassung:
Katja Birmingham kam im Juni 1978 in Erfurt auf die Welt. An einem Samstag. Was Erwähnung verdient, da auch ihre Mutter, ihr Vater und ihr einziger Sohn an einem Samstag geboren wurden.
Sie wuchs in der sechzehnten Etage eines typisch ostdeutschen Plattenbaus auf. Von dort hatte sie eine freie Sicht über die Stadtgrenzen hinaus. Schon damals liebte sie diesen Blick in die Ferne.
Gegen Schule hatte sie nichts. Im Gegenteil, sie lernte gern, auch heute nimmt das Lernen einen großen Teil ihres Alltags ein. Ein Tag ohne neues Wissen, neue Erfahrungen, neue Sichtweisen ist für sie undenkbar. Wohl auch wegen dieser Haltung war die Schule für sie ein Klacks. Ihr Fokus lag auf ihren Hobbys. Sie sang in drei verschiedenen Chören, spielte Klavier, musizierte mit ihren Freunden, trainierte Kung-Fu, lernte die chinesische Sprache. Sie schrieb als Schülerreporterin für die Lokalzeitung und wenig beachtete Kurzgeschichten, arbeitete in einem dänischen Eisladen, in einem amerikanischen Jeansladen, als Model und als Kung-Fu-Trainerin. Vor allem aber las sie. In jeder freien Minute. Romane, Gedichte, Sachbücher, mit Vorliebe Biographien. Das Leben der anderen war und ist spannend.
Nach dem Abitur studierte sie daher, worauf sie sich schon seit Jahren freute und was viele damals als brotlose Kunst abtaten, Sinologie und Ethnologie, erst in Leipzig, dann in Tainan, Taiwan. Ihren Magister machte sie schließlich an der Freien Universität Berlin, ganz gegen den Mainstream, zum Thema: Bergsteigen in Taiwan.
In den folgenden elf Jahren arbeitete sie als Korrespondentin für das ZDF. Erst in Berlin, dann als stellvertretende Studioleiterin in Magdeburg. Von dort zog sie mit ihrer Bibliothek, das Lesen als Anker, nach Moskau und später weiter nach Peking. Sie berichtete über den Konflikt im Osten der Ukraine, coverte diverse olympische Spiele, reiste in die Einsamkeit im Herzen von Sibirien, drang ein in die Hastigkeit chinesischer Megastädte, deren Namen hier niemand kennt, porträtierte die ostasiatischen Gesellschaften mit all ihren Wünschen, Zielen, Alltäglichkeiten, die dem westlichen Fernsehzuschauer oft so skurril erscheinen. Die Gefahr und Morddrohungen gehörten genauso zu ihrem Alltag wie das Abenteuer und faszinierende Begegnungen. Sie hat viel gelernt über nun gar nicht mehr so fremde Kulturen, über Lebens- und Glaubensmodelle, vor allem aber über sich. Mit jedem Interview ist sie nicht nur ihrem Gesprächspartner näher gekommen, sondern auch sich selbst.
Heute lebt Birmingham mit Ehemann und Sohn an der Ostküste Australiens und widmet sich ihrer Passion der letzten Jahre, dem Schreiben von Gedichten und Kurzgeschichten, hauptberuflich, den Blick mit größter Zufriedenheit nach innen gerichtet. Ihr Lyrikband »Maskenlos« erschien im März 2019.